In der deutschen Sprache stehst Du bei der Anrede von Personen grundsätzlich vor einer schwierigen Wahl – „Du“ oder „Sie“?
Welche Anredeform passend ist, hängt von der jeweiligen Situation, aber auch von der Beziehung zwischen den beteiligten Personen ab.
Grundsätzlich kann man die Frage nach der richtigen Anrede so beantworten:
In offiziellen Angelegenheiten und bei (eher) unbekannten Personen, sollte man die „Sie“-Anrede nutzen. Damit drückst Du Respekt und Wertschätzung aus.
„Du“ ist die passende Anrede für Freunde, Familie und informelle Kreise. Sie wirkt persönlicher und unterstreicht ein intimeres Verhältnis.
Wenn Du Dir unsicher bist, empfehle ich Dir, mit dem Siezen zu beginnen und die Reaktion Deines Gegenübers abzuwarten. Vielen Menschen fällt es leichter, sich später auf das Duzen zu einigen, als vom „Du“ zum „Sie“ zurückzuwechseln.
Aber sehen wir uns einige spezifische Situationen einmal genauer an…
Anrede bei Schriftkontakt
Hier ist eigentlich die Sache klar: „Sie“!
Mails und Briefe von Dir
Wer anderen einen Brief oder eine E-Mail schreibt und die betreffende Person nicht kennt, der sollte immer zuerst die förmliche Anrede nutzen.
Wenn Du Deine Mails nicht stocksteif mit „Sehr geehrte(r) Herr/Frau…“ beginnen möchtest, ist es heutzutage durchaus erlaubt und üblich, mit einem „Hallo Herr/Frau…“ oder „Guten Tag Herr/Frau…“ zu starten.
Stellt sich dann im Lauf der Zeit ein persönlicheres Verhältnis ein, darf natürlich zum Duzen gewechselt werden. Aber das solltest Du am besten bei einem persönlichen Gespräch anbieten, nicht schriftlich.
Mails und Briefe von Unbekannten
Wenn man eine Nachricht von einer bis dato unbekannten Person erhält, die einen mit „Du“ anspricht, stellt sich natürlich die Frage, wie man darauf am besten reagiert.
Einen pauschalen Rat möchte ich Dir hier nicht geben. Am besten entscheidest Du spontan, abhängig vom Inhalt des Schreibens.
Ich habe es mir zur Gewohnheit gemacht, auf ungefragtes Duzen erst einmal mit einem freundlichen Sie zu reagieren. Vielleicht ist das ja auch eine gute Möglichkeit für Dich.
Anrede im Arbeitsumfeld
Chef und Kollegen
Beides ist möglich, „Sie“ und „Du“!
Trittst Du einen neuen Job an, dann solltest Du anfänglich Siezen – oder einfach den Mut haben, Deinen Vorgesetzten zu fragen, welche Anredeform zwischen Kollegen und Weisungsbefugten im Rahmen der „Corporate Culture“ erwünscht ist.
Manche Firmen haben es sich nämlich auf die Fahne geschrieben, besonders familiär sein zu wollen und das Duzen sozusagen zur Pflicht erklärt. Leider auch gegenüber den eigenen Kunden, doch dazu später mehr.
In den allermeisten Fällen wird man jedoch, zumindest unter Kollegen, früher oder später die informelle Anrede nutzen. Und den Chef?
Wer als Vorgesetzter, Teamleiter oder was auch immer organisatorisch über anderen Personen steht, muss sich früher oder später mit dem Problem der sachlichen Gesprächsführung in Konfliktsituationen auseinandersetzen:
Ein »Du bist entlassen!« wirkt zugegeben irgendwie eigenartig. Andererseits macht ein »Sie sind entlassen!« die Situation auch nicht besser und würde bedeuten, dass sich zwar einerseits die Mitarbeiter untereinander Duzen, den Chef aber Siezen. Das wirkt sehr distanziert und macht es schwierig, ein Vertrauensverhältnis aufzubauen.
Eines sollte daher selbstverständlich sein: Wer duzt, darf auch geduzt werden. Das gilt für den Azubi wie für den Vorstandsvorsitzenden! Mit allen Konsequenzen.
Kunden
„Sie“ oder „Du“ – wieder kommt es darauf an!
Gerade Vertriebsmitarbeiter, die einen festen Kundenstamm betreuen, bieten ihrem Gegenüber nach einiger Zeit gerne das „Du“ an. Das finde ich insoweit in Ordnung, da es ja auch von einem gewissen Vertrauensverhältnis zeugt.
Im Erstkontakt ist die Sache aber so klar wie Buchstabensuppe: Siezen!
Duzt der Kunde als erstes, solltest Du dessen (schlechte) Manieren mit einem Lächeln quittieren und ebenfalls die „Du“-Anrede verwenden. Du möchtest ja etwas verkaufen.
Wie bereits angesprochen, legen manche Unternehmen in ihren Verhaltensregeln („Corporate Culture“ genannt) hin und wieder die Form der Anrede fest. Danach musst Du Dich natürlich richten, auch wenn es schwerfällt.
Was mir persönlich gegen den Strich geht, ist das ungefragte Duzen in Geschäften. Ich kenne da ein schwedisches Möbelhaus und eine Sandwich-Fastfood-Kette, wo man jeden plump vertraulich mit Du anquatscht. Fast jeden. Mich inzwischen nicht mehr…
Ein Mittelweg – Höflichkeitsform mit Vorname?
Eine – wie ich finde – viel zu selten genutzte Möglichkeit ist das „Sie mit Vornamen“, auch „hanseatisches Sie“ genannt:
Diese Variante hat den Charme, dass im täglichen Umgang miteinander das allzu steif wirkende Getue mit Nachnamen wegfällt, man sich aber trotzdem eine gewisse professionelle Distanz bewahrt.
Anrede in sozialen Medien
Im Netz eher „Du“!
Ob klassisches Diskussionsforum oder hippes Social Network – in den allermeisten Fällen liegst Du hier mit Duzen richtig.
Das hat damit zu tun, dass die meisten sozialen Medien ihren Ursprung in den USA haben. Die englische Sprache unterscheidet generell nicht zwischen formeller und informeller Anrede, sondern nutzt das einheitliche Personalpronomen „you“ – und das übersetzen wir im Deutschen gerne mit „Du“.
Falls Du nicht hundertprozentig sicher bist, dann schau Dir vorhandene Beiträge an. Dominiert zu 90+% die informelle Anrede, solltest Du Dich dieser Sitte nicht verschließen.
Siezen/Duzen allgemein
Und da wären wir beim letzten Punkt, den ich Dir mit auf den Weg geben möchte:
Welche Form der Anrede auch immer gewählt wird, sie sollte für keinen der Beteiligten unangenehm sein. Nichts ist schlimmer, als krampfhaft dem Personalpronomen der zweiten Form („Duzen“) mit Hilfe des Infinitivpronomens „man“ auszuweichen.
Oder um es einfach auf den Punkt zu bringen: Im Zweifelsfall ist ein freundliches „Sie“ hundertmal besser als ein geheucheltes „Du“!