In diesem Beitrag gehe ich der Frage nach, wann Bindestriche in der deutschen Sprache verwendet werden – und in welchen Fällen das keine gute Idee ist.
Immerhin gibt es ja für so ziemlich alles Regeln… oder entscheidet am Ende doch eher Deine Intuition?!
Grundsätzliche Anwendungsfälle für den Bindestrich
- Zusammensetzungen aus Wortgruppen (auch fremdsprachliche)
- Zusammensetzungen aus (gleichrangigen) Adjektiven bzw. Substantiven
- Zusammensetzungen mit Abkürzungen, Ziffern und Zeichen
- Beim Weglassen von gleichen Wortbestandteilen in Zusammensetzungen oder Ableitungen
- Beim Hervorheben von Wortbestandteilen
Zusammensetzungen mit Wortgruppen
Das ist wohl eine der gebräuchlichsten Möglichkeiten, einen Bindestrich einzusetzen und erleichtert vor allem das Lesen „komplizierter“ Wortgebilde.
Beispielsätze:
Susi nutzte nur selten Make-up, da ihre Haut auf viele Produkte allergisch reagierte.
Rocky absolvierte den 10-Kilometer-Mini-Marathon in Rekordzeit und wurde deshalb für einen Artikel in der Oktober-November-Ausgabe des Stadtmagazins interviewt.
Wichtig: Innerhalb der jeweiligen Wortgruppe werden Substantive wie gewohnt groß geschrieben!
Diese Regel gilt natürlich auch für Begriffe, die aus einer anderen Sprache stammen (beispielsweise „Top-Ten“ oder „Sales-Consultant“).
Zusammensetzungen aus (gleichrangigen) Adjektiven bzw. Substantiven
Hier geht es darum, schlecht lesbare Kombinationen aus Eigenschaftswörtern (Adjektive) oder Hauptwörtern (Substantive) mit einem Bindestrich zu versehen.
Beispielsätze:
Am Feiertag hingen damals an vielen Gebäuden blau-weiß-rot gestreifte Flaggen. Dies konnte man auf den alten Schwarz-Weiß-Fotos nur schlecht erkennen.
Max bestellte im Restaurant eine süß-scharf gewürzte Currysuppe.
Das wirtschaftliche Nord-Süd-Gefälle war eines der Kernthemen der Konferenz.
Dient das erste Adjektiv jedoch nur zur näheren Bestimmung des zweiten Adjektivs, darfst Du keinen Bindestrich verwenden. Auch hier wieder einige Beispiele:
Max beschwerte sich beim Kellner über die nur lauwarm servierte Suppe.
Das ehemals weinrote Sofa war durch die Sonne bereits stark ausgeblichen.
Wie Du siehst, befinden sich diese Adjektive nicht mehr auf einer Bedeutungsebene, sind also nicht „gleichrangig“ zueinander.
Solltest Du Dir unsicher sein, dann stelle die Wie-Frage: „Wie warm ist die Suppe?“ oder „Wie rot ist das Sofa?“ – liefert das erste Adjektiv darauf die Antwort, schreibst Du ohne Bindestrich.
Zusammensetzungen aus Abkürzungen, Ziffern und Zeichen
Der Bindestrich trennt Abkürzungen von anderen Wortteilen oder separiert Ziffern und Zeichen.
Beispielsätze:
»Ich halte das für eine 100-prozentige Chance!« versuchte der Geschäftsführer die Investoren von seinem Vorhaben zu überzeugen.
Nach der x-ten Niederlage war der Jubel über den unerwarteten 2:1-Sieg besonders groß. Doch den 3-fachen (auch: 3fachen) Weltmeister konnte niemand mehr einholen.
Susi fuhr in der 30er-Zone über 50 Stundenkilometer schnell. Glücklicherweise geriet sie dabei nicht in eine Radarfalle.
Besucher einer mehrtägigen Convention sollten unbedingt die 6-2-1-Regel beachten.
Weglassen von gleichen Wortbestandteilen in Zusammensetzungen oder Ableitungen
Auch dieser Fall taucht regelmäßig auf. Er hilft Dir dabei, mehrfache Wortwiederholungen zu vermeiden.
Beispielsätze:
An allen Ein- und Ausgängen des Stadions befanden sich mehrsprachige Hinweisschilder. Deren eigenwillige Gestaltung hatte jedoch sowohl Vor- als auch Nachteile.
Die Rezession war besonders im Groß- und Einzelhandel zu spüren. Viele Verbraucher achteten zudem verstärkt auf ein ausgewogenes Preis-Leistungs-Verhältnis.
Der Strombedarf moderner Kühl- und Gefriergeräte ist gering.
Hervorheben von Wortbestandteilen
Last but not least eignet sich der Bindestrich auch hervorragend zum Hervorheben einzelner Teile. Das gilt vor allem bei Eigennamen.
Beispielsätze:
Filou’s Europa-Tournee war ein großer Erfolg.
Die Schnäppchen-Jagd lohnte sich zwar, war jedoch sehr zeitaufwändig.
Regeln zu Bindestriche… geht das auch einfacher?
Klar! Das bisher Geschriebene lässt sich wie folgt zusammenfassen:
Du kannst Bindestriche zur Verbindung von Worten verwenden, ebenso bei Verbindungen, die Ziffern, einzelne Zeichen oder Abkürzungen enthalten.
So, jetzt kennst Du die üblichen Verdächtigen. Aber wann ist es nun ganz offiziell zulässig, beispielsweise Schlangen-Wörter wie
Dampfschiffkapitänsmützenanstecknadelaufbewahrungsetui
mit einem Bindestrich zu versehen? Also daraus ein
Dampf-Schiff-Kapitänsmützen-Anstecknadel-Aufbewahrungs-Etui
zu machen? Gute Frage.
Die deutsche Sprache verleidet ja richtiggehend zu solchen Wortneuschöpfungen, indem sich Substantive und andere aus Buchstaben bestehende Einheiten munter aneinander reihen lassen.
Viele Deutschlehrer vertreten die Ansicht, dass zusammengesetzte Substantive erst einmal ohne Bindestriche geschrieben werden – und selbiger nur zum Einsatz kommt, wenn der jeweilige Begriff „schwierig zu lesen“ ist.
Nun ist „schwierig zu lesen“ eine sehr vage Definition, was das Tun oder Unterlassen in Sachen Bindestrichen betrifft. Aber soll ich Dir was sagen. Es ist tatsächlich so!
Meine Empfehlung ist, die Zielgruppe Deines Textes während des Schreibens im Hinterkopf zu behalten. Okay, das tust Du bestimmt sowieso schon. Aber eben auch bei der Frage „Bindestrich oder nicht?“:
Für viele erwachsene Leser mögen Zusammensetzungen wie „Fahrkartenschalter“ oder „Betätigungsknopf“ zusammengeschrieben ohne Weiteres lesbar und verständlich sein. Für Kinder oder Menschen mit geistigen Defiziten hingegen nicht.
So kommt es, dass der Bindestrich in manchen Fällen überflüssig ist, in anderen erleichtert der Bindestrich den Lesefluss und das Verständnis eines Textes enorm. Du entscheidest!
Der Bindestrich im Kampf gegen den „drei-Buchstaben-Horror“
Ein absolutes Muss ist für mich der Bindestrich, wenn es darum geht, den – wie ich ihn nenne – „drei-Buchstaben-Horror“ zu vermeiden. Dabei handelt es sich um ein Ergebnis einer der missglückten „Rechtschreibreformen“:
Seitdem sind nämlich Begriffe wie
- Schifffahrt,
- Brennnessel,
- schnelllebig oder
- Essstäbchen
orthographisch korrekt. Nur sehen sie alles andere als schön aus.
Aus ästhetischen Gründen halte ich absichtliche „Falschschreibung“ hier für entschuldbare Notwehr. Regelfanatiker dürfen sich gerne fremdschämen. 😉
Um bei für Kunden geschriebene Texte auf der sicheren Seite zu bleiben, greife ich mitunter zu einem kleinen Trick und nutze den Bindestrich:
- Schifffahrt -> Schiff-Fahrt
- schnelllebig -> schnell-lebig
- Essstäbchen -> Ess-Stäbchen (oder Eßstäbchen)
Okay, bei der „Brennessel“ geht das natürlich leider nicht (da Eigenname). In diesen seltenen Fällen bleibe ich bei der Variante mit zwei n und warte die Reaktion ab. Schönheit first! Bis jetzt wurde das übrigens noch nie bemängelt.
Die andere Alternative wäre natürlich, solche Begriffe komplett zu vermeiden. Dann klappt’s auch mit dem deutschen Rechtschreibrat. 😉